Arten, Anwendung, Vor- & Nachteile

Hilfszügel für Pferde erklärt

Hilfszügel (oder Ausbinder) sollen den Reitanfänger unterstützen. Dieser ist natürlich nicht sofort richtig ausbalanciert, kann das Pferd nicht in korrekter Anlehnung reiten und mit dem Sitz hapert es in den meisten Fällen auch. Korrekte Handhaltung, korrekter Sitz, korrekte Hilfen und dann auch noch gucken, wo man hinreitet. Das alles kann einen neuen Reiter erst einmal überfordern. Hilfszügel sollen helfen den richtigen Sitz zu erfühlen und zu erlernen. Denn wenn das Pferd vorne durch den Hilfszügel begrenzt ist, kann der Reiter sich erst einmal nur auf den Sitz konzentrieren. Im besten Falle soll das Pferd dann noch den Rücken aufwölben und den Hals fallen lassen.

Egal ob Dreieckszügel, Ausbinder, Laufferzügel oder Chambon – der Hilfszügel wird erst nach dem Aufwärmen des Pferdes angeschnallt! Außerdem sollten Hilfszügel im Gelände unbedingt abgenommen werden. Ausnahme bildet hier das Martingal, welches aber eine besondere Stellung unter den Hilfszügeln einnimmt.

Richtig angewandte Hilfszügel sind nicht von Grund auf schlecht. Denn sie tun das, wonach sie benannt sind – helfen! Und zwar dem Reitanfänger und dem Pferd.

Hilfszügel kaufen

Pferd mit Ausbindezügel

Ausbindezügel (Ausbinder)

Den Ausbinder kennt jeder Reitanfänger. Ausbinder bestehen immer aus zwei einzelnen „Zügeln“, die links und rechts zwischen Gebissring und Sattelgurt befestigt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass die Ausbindezügel so hoch oder tief am Sattelgurt verschnallt werden, dass sie waagerecht liegen, wenn das Pferd mit korrekter Kopfhaltung läuft. Sie müssen so lang eingestellt werden, dass das Pferd bei korrekter Anlehnung NICHT hinter die Senkrechte kommt.

Vorteile von Ausbindern

  • geben dem Pferd einen klaren Rahmen vor
  • Berenzung seitlich und nach vorn
  • Reiter kann sich ganz auf den Sitz konzentrieren und die Zügel auch mal loslassen

Nachteile von Ausbindern

  • keine Vorwärts-abwärts Dehnung möglich = Pferd kommt hinter die Senkrechte und rollt sich ein
  • elastische Bestandteile (wenn vorhanden) führen zum Drauflegen, Pferd kommt auf die Vorhand

Fazit

Ausbinder eignen sich für den Reitanfänger an der Longe oder den ersten Reitstunden in der Gruppe. Wo die ruhige Reiterhand und die richtige Einwirkung noch fehlt, kann der Ausbindezügel unterstützend wirken.

Pferd mit Dreieckszügel

Dreieckszügel (Wienerzügel)

Dreieckszügel sind neben den Ausbindern eine sehr beliebte Form der Hilfszügel. Sie werden zudem gerne zum Longieren eingesetzt.

Der Dreieckszügel besteht aus einem dicken Riemen, der zwischen den Vorderbeinen durchläuft und mittig am Sattelgurt befestigt wird. Vor der Brust gabelt sich der dicke Riemen in zwei einzelne, etwas dünnere Riemen. Diese werden jeweils links und rechts von innen nach außen durch den jeweiligen Gebissring geführt und am Sattelgurt (oder Longiergurt) befestigt.

Der Riemen sollte bei korrekter Kopfhaltung kurz vor der Senkrechten in etwas waagerecht liegen.

Vorteile von Dreieckszügeln

  • hochreißen des Kopfes wird verhindert
  • Dehnungshaltung wird zugelassen
  • für Reiter, die das Pferd schon seitlich begrenzen können
  • für Reiter, die es noch nicht schaffen, an die Hand heranzureiten

Nachteile von Dreieckszügeln

  • kaum seitliche Begrenzung
  • Pferd kommt hinter den Zügel, wenn es den Hald zu tief fallen lässt
  • Vorwärts-abwärts ist nur bis zu einem gewissen Punkt möglich

Fazit

Für Reitanfänger, die seitliche Hilfen schon beherrschen, aber nach vorne noch Unterstützung benötigen, sind Dreieckszügel eine gute Hilfe. Auch beim Longieren lassen sich diese Hilfszügel gut einsetzen, denn sie bieten dem Pferd die Möglichkeit sich bis zu einer gewissen Tiefe zu dehnen.

Pferd mit Laufferzügel

Laufferzügel (Phillipszügel)

Der Laufferzügel erinnert im ersten Moment an einen Dreieckszügel. Doch anders als dieser besteht der Laufferzügel aus zwei einzelnen Leder- oder Nylonriemen. Er ist der wohl variabelste Hilfszügel, den man nutzen kann.

Vorteile von Laufferzügeln

  • lässt sich sowohl für die Dehnungshaltung, als auch zur Aufrichtung einsetzen
  • Bauweise mit Karabinerhaken ermöglicht ein schnelles umschnallen

Nachteile von Laufferzügeln

  • Pferd kann hinter die Senkrechte kommen und sich einrollen
  • kaum seitliche Begrenzung bei Verschnallung wie Dreieckszügeln
  • es muss penibel auf die Länge des Hilfszügels geachtet werden, damit sich das Pferd nicht einrollt und im Genick fest wird

Fazit

Die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten machen den Laufferzügel zu einem variablen Hilfszügel. Er lässt sich sowohl als Unterstützung für Reitanfänger, als Hilfszügel beim Longieren und als Unterstützung zur Aufrichtung einsetzen. Letzteres sollte nur über kurze Etappen und nur mit einem erfahrenen Reiter erfolgen.

Die verschiedenen Verschnallmöglichkeiten

Für die Lösungsarbeit und zur Dehnungshaltung wird der Phillipszügel wie ein Dreieckszügel verschnallt. Beide Riemen werden unten am Sattelgurt befestigt und zwischen den Vorderbeinen hindurchgeführt. Nun von innen nach außen durch den jeweiligen Gebissring führen und am Sattelgurt rechts und links befestigen.

Um eine höhere Aufrichtung oder mehr seitliche Begrenzung zu erreichen, wird das eine Ende weiter oben eingeschnallt. Nun wird der Laufferzügel von oben nach unten (also von außen nach innen) durch den jeweiligen Gebissring geführt und auf Höhe des Buggelenks wieder am Sattelgurt oder einem Ring am Longiergurt befestigt.

Der Effekt wird verstärkt, je weiter oben der Hilfszügel angebracht wird. Das Pferd muss aber in jedem Fall die Möglichkeit haben, mit der Stirn-Nasenlinie vor der Senkrechten zu bleiben.

Martingal

Das Martingal sieht man – ähnlich wie das Vorderzeug – eher bei Spring- und Geländereitern. Im Springsport wird es als „Sicherung“ der Zügel eingesetzt, sollte der Reiter diese bei einem Sturz verlieren. Es wird so verhindert, dass das Pferd in den herunterhängenden Zügel tritt und sich ggf. verletzt.

Das gleitende Ring-Martingal soll verhindern, dass das Pferd den Kopf hochreißt. Das Martingal wird so verschnallt, dass die Martingalgabel leicht durchhängt, wenn der Zügel korrekt ansteht. Nimmt das Pferd nun den Kopf hoch, wird der Zügel durch die Ringe geknickt und es gelangt weiterhin Druck auf die Laden des Pferdes. Dieser Druck ist nicht rückwärts weisend, sondern nach unten.

Martingal kaufen

Vorteile vom Martingal

  • Hochreißen des Kopfes wird verhindert
  • Korrekt verschnallt ein pferdefreundlicher Hilfzügel
  • korrekt verschnallte Martingal verringern den Zügeldruck signifikant
  • auch für Reitanfänger geeginet, da durch den Hilfszügel unruhige Bewegungen der Hände abgefangen und korrekt auf das Pferdemaul umgeleitet werden

Fazit

Das Martingal ist nicht nur eine Absicherung beim Sturz, sondern auch eine hilfreiche Unterstützung für fortgeschrittene Reitanfänger. Wenn diese die seitlich begrenzenden Hilfen bereits beherrschen, aber noch eine unruhige Hand haben oder das Pferd noch nicht an die Hand heranreiten können, wirkt das Martingal unterstützend. Da es nur zur Wirkung kommt, wenn das Pferd den Kopf zu weit hochnimmt, sich dabei trotzdem vorwärts-abwärts an den Zügel dehnen kann, ist das Martingal unserer Meinung nach einer der sinnigsten Hilfszügel.

Pferd mit Thiedemannzügel

Thiedemannzügel (Köhlerzügel)

Den Thiedemann- oder Köhlerzügel kann man als eine etwas entschärfte Variante der Schlaufzügel verstehen. Er besteht aus Zügeln mit Ringen, sowie dem eigentlichen Hilfszügel. Der Ring wird locker um den Hals des Pferdes gelegt, der breite Riemen unten durch die Vorderbeine zum Sattelgurt geführt. Die zwei schmalen Riemen werden links und rechts von innen nach außen durch den jeweiligen Gebissring geführt und an den Ringen am Zügel befestigt. Der Thiedemannzügel muss so verschnallt werden, dass er nur zum Einsatz kommt, wenn das Pferd den Kopf zu weit nach vorne oder oben nimmt.

Vorteile von Thiedemannzügeln

  • nur ein Paar Zügel müssen gehalten werden
  • wirkt bei korrekter Verschnallung nur, wenn das Pferd den Kopf zu weit nach vorne oder oben nimmt
  • sollten leicht durchhängen, wenn Pferd in korrekter Haltung läuft

Nachteile von Thiedemannzügeln

  • führt falsch eingesetzt zu einem stumpfen Pferdemaul
  • bietet keine seitliche Begrenzung
  • "scharfer" Hilfszügel, der nur in Profihände gehört

Fazit

Der Thiedemannzügel darf von Reitanfängern NICHT eingesetzt werden. Er gehört ausschließlich in feine Reiterhände und dient alleinig der kurzen Korrektur. Daher ist er eher den Korrekturhilfen, als den Hilfszügeln zuzuordnen. Eine falsche Anwendung dieses Zügels kann dem Pferd schaden!

Zwei Pferde mit CHambon und mit Gouge

Chambon & Gouge

Chambon und Gogue werden eingesetzt, um dem Pferd beizubringen bei Druck auf Maul und Genick den Kopf zu senken. Chambon und Gogue eignen sich für Pferde, die schlecht in die Dehnungshaltung finden und Mühe haben, den Hals fallen zu lassen. Nimmt das Pferd den Kopf zu hoch, drücken Chambon und Gogue auf Genick und Maulwinkel. Senkt das Pferd nun den Kopf, lässt der Druck nach. Bei korrekter Haltung fällt die Hilfe komplett weg. Das Gogue kann im Gegensatz zum Chambon auch unter dem Reiter eingesetzt werden.

Das Chambon darf ausschließlich beim Longieren genutzt werden, da der Reiter kontinuierlich sehr schnell den Zügel nachgeben muss, sobald das Pferd die geringste Tendenz ins Vorwärts-Abwärts zeigt. Kaum ein Reiter hat diese Reaktionsfähigkeit.

Chambon und Gogue gehören nur in äußerst erfahrene Reiterhände. Es kann bei falscher Verschnallung zu einer heftigen Abwehrreaktion vom Pferd kommen. Nutze diese Hilfszügel nur, wenn du unter Aufsicht bis und nur im Einzelfall.

Nachteile von Chambon

  • bietet weder die Möglichkeit zur Anlehnung, noch eine seitliche Begrenzung
  • Viele Pferde rollen sich ein, um dem Druck auf Maulwinkel und Genick zu entgehen
  • Länge des Hilfzügels ist entscheidend

Nachteile von Gouge

  • unabhängiges Gouge: zusätzlich zu den beim Chambon genannten Nachteilen noch eine rückwärts weisende Wirkung
  • geführtes Gogue hat dieselben Nachteile wie ein Schlaufzügel

Fazit

Chambon und Gogue sind keine richtigen Hilfszügel, sondern eher Korrekturhilfen, die sehr gewissenhaft eingesetzt werden sollten. Sie eignen sich weder für Reitanfänger noch um „mal beim longieren auszuprobieren, ob es was bringt“. Es sollte immer ein Reitlehrer oder Reiter anwesend sein, der sich mit dieser Art Hilfszügel sehr gut auskennt.

Wie oben erwähnt, kann es bei falschem Einsatz zu einer heftigen Abwehrreaktion kommen und sich das Pferd im schlimmsten Fall schwer verletzen. Diese beiden Hilfszügel sind also mit Vorsicht zu genießen und es sollte vor dem Einsatz überdacht werden, ob vielleicht gesundheitliche Probleme (Verspannungen im Genick, der Ganasche oder im Widerrist) verantwortlich sind.

Pferd mit Halsverlängerer

Falsch benannt, denn hier wird nichts verlängert!

Halsverlängerer

Beim Namen Halsverlängerer nimmt man an, dass es das Pferd dazu verleitet den Hals zu strecken. Doch je mehr sich das Pferd streckt, umso höher wird der Druck auf das Gebiss und das Genick. Bei normaler Kopfhaltung ist der Halsverlängerer wirkungslos, weil er dann durchhängen muss.

Fazit

Er wird häufig zu eng verschnallt. Dehnt sich das Pferd nun in die Tiefe, spannt sich der Elastikriemen und der Druck erhöht sich. Das Pferd verkriecht sich dann entweder hinter den Zügel, um dem Druck zu entgehen – oder legt sich auf den Zügel und wird zügellahm. Eine nach oben begrenzende Wirkung kann man dem Halsverlängerer noch zusprechen, doch der Name ist bei diesem Hilfszügel äußerst unpassend gewählt.

Pferd mit Schlaufzügel

Schlaufzügel

Schlaufzügel – das Folterwerkzeug der Rollkur. So jedenfalls haben die meisten Reiter diesen Hilfszügel im Gedächtnis. Leider wird der Schlaufzügel auch häufig im Geheimen oder nicht ganz so Geheimen dazu eingesetzt, dass Pferd in Aufrichtung und eng zu zwingen.

In der Schweiz ist er in Prüfungen und auf Abreiteplätzen im Springsport untersagt, in Österreich auch in der Dressur. Denn viel zu oft sieht man die falsche Handhabung.

Der Schlaufzügel dient dazu, ein nach oben drückendes Pferd zu begrenzen. Ein Reiter muss so fein im Gespür und in der Hand sein, dass er beim geringsten Nachgeben des Pferdes ebenfalls unverzüglich nachgibt. Der Druck auf das Pferdemaul wird durch einen Schlaufzügel verdoppelt! Grundsätzlich darf der Reiter das Pferd nicht gewaltsam in eine Haltung zwingen und dort fixieren. Das Pferd kann sich dem Schlaufzügel nicht entziehen!

Warum möchtest du einen Schlaufzügel nutzen?

Diese Frage sollte sich jeder Reiter vor dem Einsatz stellen. Frage dich, warum dein Pferd geht, wie es eben geht und hole dir in jedem Fall einen professionellen Reitlehrer dazu. Gibt es vielleicht körperliche Einschränkungen beim Pferd, wie ein steifes Genick, schmerzende Zähne oder eine Verspannung im Widerrist? Schafft es dein Pferd schon Last mit der Hinterhand aufzunehmen und ist es in der Ausbildung schon weit genug fortgeschritten? Der Schlaufzügel dient nicht dazu die Schritte der Skala der Ausbildung zu überspringen und in eine (unechte) Versammlung zu zwingen!

Selbst der mutmaßliche Erfinder des Schlaufzügels (William Cavendish, Herzog von Newcastle) nutzte die Schlaufzügel nur in Verbindung mit einem Kappzaum und führte die Hilfszügel nicht durch die Gebissringe. Oftmals wird Newcastle sogar als geistiger Vater der Rollkur bezeichnet und war nicht als der feinfühligste Ausbilder bekannt. Mache dir also bewusst mit welcher Kraft du auf das Pferdemaul wirkst, wenn du den Schlaufzügel falsch einsetzt.

Schlaufzügel korrekt einsetzen

Schlaufzügel dürfen nur von äußerst feinfühligen Reitern bei Pferden eingesetzt werden, die sich schon selbst tragen und versammeln können, aber manchmal nach oben ausbrechen, oder sich sehr stark machen. Der Schlaufzügel darf das Pferd nach oben begrenzen, aber niemals nach unten ziehen! Läuft das Pferd korrekt, hängt der Schlaufzügel durch.

Wie bei der Kandarenreife oder dem Einsatz von Sporen, sollte sich der Reiter den Einsatz von Schlaufzügeln erst verdienen. Er sollte vorher unter Beweis stellen, dass er mit einer sehr feinen, sitzunabhängigen Hand reitet.